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Nadine Lemke / Claudia-Maria Luenig

Leerstellen verdichten


Zwischenräume - Aufbruch / Umbruch

basement on the move und zu Besuch im Sternstudio

Myzel 3 der Ausstellung Human_Nature im Künstlerhaus


Ausstellungsdauer:

Eröffnung: 25. August um 18:00

26. August – 10. September 2023

Öffnungszeiten jeweils Freitag - Sonntag 14:00 - 18:00

Zur Ausstellung: Lucas Gehrmann, freier Kurator


Das goldige Geflecht ist wie ein Relikt eines Tanzes um die eigene Achse. Das Umkreisen wird zum Motiv neuer Strukturen und Muster. Die Wiederholung ist dabei immanent, Variation ebenso.

Der Begriff „Aufbruch“ leitet sich einmal aus dem Althochdeutschen brehhan ab, was bedeutet brechen oder in Stücke zerfallen. Ein Aufbruch kann aber auch etwas Neues bedeuten, zu dem wir uns bewegen oder bewegen wollen. Wir nehmen das gegebene und das zu erwartende, beziehen uns auf das vorherige, um so weiter zu expandieren. Für 2023 wird unter dem Aspekt Aufbruch / Umbruch der Zwischenraum thematisiert. Der Zwischenraum liegt zwischen den Dingen, zwischen Greifbarem, gar Sichtbarem, eingegrenzt von einem Umraum, dabei selber eher vage, undefiniert, leer. Als „Lattenzaun-Zwischenraum“-Metapher nach einem Gedicht von Christian Morgenstern sind die Zwischenräume unlängst als Hybride in die unterschiedlichsten Lebensbereiche eingedrungen. „Eine begriffliche Annäherung an die schwer fassbare Kategorie mündet zwangsläufig in Paradoxien, deren Ursprünge in den begrenzten Möglichkeiten unserer Wahrnehmung selbst zu suchen sind. Der Begriff des Zwischenraums und das scheinbar neutrale Dazwischen werden meist synonym verwendet –ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen physikalisch messbaren Raum oder ein gedankliches Konstrukt, eine Metapher handelt, die die räumliche Vorstellung lediglich als Hilfskonstruktion verwendet. Die abstrakte Reflexion scheint auf diese lokalen oder im spezielleren Fall auch temporalen Beschreibungsmodelle angewiesen zu sein.“

Davon ausgehend kann Zwischenraum also in einem räumlichen und auch zeitlichen Sinn verstanden werden. Ersteres ergibt sich durch den Umgang mit Raum, wo Zwischenräume zumeist Leerstellen im Baugefüge darstellen, oder Zonen sind, die mit denjenigen kontrastieren, die gefüllt sind, die baulich eine Funktion im Gesamtbaugefüge haben. Die zweite Ebene, die Zeitliche, ergibt sich durch den Umgang mit Raum im Moment der Wahrnehmung. Zwischen zwei Augenblicken entscheidet sich die Wahrnehmung des Zwischenraums, im Übergang von zum Beispiel innen und außen, oben und unten, leer und gefüllt. Fragilität, Gespanntheit, Balance oder auch Dissonanz sind nur einige Begriffe die während 2023 von den teilnehmenden KünstlerInnen untersucht und visualisiert werden. Diese Begriffe und mehr tragen zur Erforschung des Zwischenraumes bei. Die meisten der ausstellenden KünstlerInnen haben diese Schnittstelle schon im materiellen oder aber räumlichen, konzeptuellen Zugang, dies verspricht eine spannende Auseinandersetzung mit der Thematik.



Die Künstlerinnen Nadine Lemke und Claudia-Maria Luenig beschäftigen sich beide  mit der Umsetzung von Struktur und System über verschiedenste Materialien. Lemke arbeitet mit Drähten, Eisendrähten die auf den ersten Blick leicht und filigran erscheinen, jedoch formt dieses Wechselspiel zwischen haptischen und robusten einen neuen Raum, einen Zwischenraum. “In einem Prozess ständiger Veränderung sind Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbunden in unablässiger Bewegung

erfolgt permanenter Austausch.” (Dr. Markus Swittalek)


Während Lemke einen Focus auf die Veränderungen die im jeweiligen Zwischenraum entstehen, legt, beschäftigt sich Luenig

mit der Wahrnehmung der jeweiligen entstandenen Leerstellen, verursacht von Überlagerungen und Verschiebungen von Linien, Fäden und auch skulpturalen Parametern. Beide Künstlerinnen sehen die Zwischenräume, die im Objekt als auch im verlagerten Raum entstehen als neue Plattform der Entwicklung.



http://nadinelemke.net

https://claudiamarialuenig.com

https://basement-wien.at

Claudia-Maria Luenig

Ausgefächert, Detail, 2023

Tuschestift auf Transparentpapier

Foto: Claudia-Maria Luenig © Bildrecht


Claudia-Maria Luenig interessiert der Raum zwischen dem Selbst

und dem Anderen als fragile Schnittstelle von Individuum und

sozialer Welt. Sie orientiert sich dabei am (eigenen) Körper,

dessen Anwesenheit die Grundlage jeder Existenz ist.


Die Arbeit aus dem Zyklus „Ausgefächert“ orientiert sich an der Natur der Linie - als Faden und Spur zugleich.  Diese Linien fokussieren

sich nicht am Blick eines distanziert erkennenden Subjekts, sondern zeichnen die zutiefst persönliche Empfindung als einem verstehenden Dasein auf. Als Grundlagen für die sich entwickelnden Motive oder besser Strukturen, dienen Fäden, dünne von Hand gezeichnete Linien, ganz nah beieinander liegend, verdichtet, niemals überlappend, auch oft erst bei nahem Hinschauen komplett sichtbar. Luenig versichert sich der eigenen Existenz und der Existenz des Anderen, indem sie Linien zeichnet, gerade, gekrümmt, endlos, einfassend, umfassend, integriert, verfremdet, unterbrochen, ununterbrochen, gestickt, gerissen, gestrickt, kreisend. Nicht endende Felder von Linien, Hüllen, gehäkelt oder verhakt, Linien - als Faden und Spur zugleich

Nadine Lemke

Tanzkleid Detail, 2021

Foto: © Kunstdokumentation